Alkoholische Betrachtungen.
Keine Sorge, der Blog bleibt drogenfrei! Ich wollte nur berichten, weshalb ich es für eine schlechte Idee halte, Ihrer Kleiderschrankmisere mit Weinbegleitung Herr zu werden. Und warum ich es für eine noch schlechtere Idee halte, in einer Umkleidekabine Prosecco zu verkosten.
Foto: mads eneqvist @ unsplash
Haben Sie schon einmal ein Abstellkammerl aufgeräumt? Und haben Sie das dann zu Vergleichszwecken auch einmal mit Weinbegleitung probiert?
Ich schon. Anbei also meine Erfahrungen.
Vorteile (in Auszügen)
Es macht mehr Spaß.
Es geht auch leichter von der Hand.
Die Planung des neuen Ordnungssystems ist total einfach und das System selbst überzeugt durch Übersichtlichkeit und Konsistenz.
Es schmeißt sich leichter weg.
Irgendwie vergeht die Zeit beim Aufräumen viel schneller.
Nachteile (die Details erspar ich Ihnen)
Steigen Sie nirgends hinauf!
Sie haben am nächsten Tag Kopfweh.
Das Ordnungssystem ist nicht überzeugend.
Sie suchen ziemlich lange, bis Sie wieder alles beieinander haben.
Manche Sachen müssen Sie nachkaufen.
Kurz zusammengefasst: wo Licht, da Schatten. Und damit sind wir auch schon beim größten Problem.
Kleiderschränke verhalten sich wie Abstellkammerl.
Man jagt und sammelt dann halt doch ein bisschen. Nur finden sich im Kleiderschrank meistens keine halbleeren Deos, Fläschchen mit eingetrockneten Nagellacken und Schachteln von Küchengeräten, die es gar nicht mehr gibt (zugegeben, die Schachteln waren nach der Aufräumaktion immer noch da), sondern unersetzbare Einzelteile aus längst vergangenen Kollektionen.
Wollen Sie sich wirklich vorstellen, wie Sie die mittelschwer alkoholisiert entsorgen, weil Sie grad lustig sind?
Eben. Wenn Sie sich da gut einfühlen können, wissen Sie, weshalb ich gegen alkoholisiertes wardrobe management bin.
Prosecco in der Umkleidekabine für alle!
Vorneweg: ich finde die Idee mancher Bekleidungsketten reizend, leicht alkoholische Getränke anzubieten, um das Gewandeinkaufserlebnis zu verschönern. Und genau so schön ist es, wenn Sie alternativ ein Glas Wasser oder Orangensaft im Angebot haben.
Das Verschönern führt aber gleichzeitig zum Problem. Kein seriöses Geschäft wird Ihnen soviel Umtrunk zur Verfügung stellen, dass Sie nachher ein Taxi brauchen und dann erst nicht wissen, wie Sie nach Haus gekommen sind (und warum Sie so viele Sackerl mit - nicht zwingend ansprechender - Kleidung im Vorraum herumstehen haben).
Äh, nein, das war jetzt nicht das Problem. Das war nur die Einleitung zum Problem. Das Problem kommt jetzt: aber möglicherweise macht das eine (und vielleicht auch noch das andere) Glaserl so gute Laune, dass Sie doch ein, zwei Teile mehr mitnehmen. Obwohl Sie die jetzt nicht total dringend brauchen und sie eigentlich Ihr Budget für den Einkauf überschreiten. Oder Sie bleiben zwar nur beim einen Teil, aber das allein sprengt Ihr Budget schon erfolgreich.
Die Rechnung ist ganz einfach. Eine Flasche Prosecco kostet das Unternehmen ziemlich sicher nicht mehr als 5 bis 6 € (Leitungswasser (ist optimal!), Mineralwasser und Orangensaft kosten noch weniger). Wenn Sie Ihr Budget in solchen Geschäften ausdehnen (es hat schon einen Grund, warum niemand von den besonders günstigen Anbietern auf diese Idee kommt), kostet Sie das gleich einmal 40 bis 50 € (und es ist alles andere als unrealistisch davon auszugehen, dass da noch mehr geht). Vermutlich trinken Sie dazu keine ganze Flasche und sind auch nicht die einzige Kundin, die das macht. Wenn Sie eine Freundin als Beraterin mitnehmen, bekommt die natürlich ebenfalls etwas angeboten. Ihre Freundin kauft dann wahrscheinlich auch, obwohl sie nur zu Beratungszwecken mitgekommen ist. Die Rechnung geht also voll auf.
Sie fragen sich, wieso das so gut funktioniert, obwohl Sie von einem Glaserl Orangensaft sicher nicht betrunken werden?
Das Zauberwort heißt Manipulation.
Tief in unseren Herzen sind wir immer noch sehr soziale Wesen. Und wir sind üblicherweise so erzogen worden, dass wir uns für einen Gefallen revanchieren. Was gibt es also besseres, als Ihnen ein Gläschen anzubieten und Ihnen ständig neue Stücke vorbeizubringen, die Sie auch noch anprobieren könnten?
Wollen Sie in so einem entspannten und freundlichen Umfeld wirklich wegen 40 oder 50 € herumsch….?
Auch auf die Gefahr hin, dass ich mich wiederhole: eben.
Sollten Sie so ein Angebot jetzt kategorisch ablehnen (und vielleicht auch noch unhöflich wirken)? Das kommt drauf an:
Wenn Sie ohnehin nix trinken wollen (auch kein Wasser), dann bedanken Sie sich für das Angebot und lehnen Sie ab. Wenn Sie Lust auf ein Glaserl Prosecco oder (Mineral-)Wasser oder Orangensaft haben, dann freuen Sie sich und nehmen Sie das Angebot an.
Behalten Sie einfach im Hinterkopf, dass die reizende Verkäuferin gerade in Vorleistung gegangen ist (und diese Vorleistung mit jedem Teil, das sie Ihnen vorbeibringt, ausbaut). Unbewusst springen Sie auf die Freundlichkeiten an. Bewusst können Sie aufgrund Ihres Wissens dagegensteuern (Sie müssen da jetzt keinen halbstündigen Vortrag über Manipulationstechniken halten - freundlich ablehnen reicht!) und Ihr Budget trotzdem einhalten.
Alkohol ist weder beim wardrobe management noch beim Shoppen die ideale Lösung (bei letzterem ist es Leitungswasser allerdings auch nicht).
Behalten Sie zumindest im Hinterkopf, was alles schief gehen kann!